Herr Rösti, haben Sie helveticcare.ch schon gekannt oder sind Sie erst über unsere Interview-Anfrage auf uns aufmerksam geworden?
Albert Rösti: Tatsächlich war mir die Existenz von helveticcare.ch nicht bewusst. Einerseits weil ich noch gerade nicht zur entsprechenden Zielgruppe gehöre, andererseits weil ich erst vor relativ kurzer Zeit das Präsidium von senesuisse von Clovis Défago übernehmen durfte und somit noch nicht in alle Bereiche und Angebote Einblick hatte. Mein «Nichtkennen» spricht also nicht gegen helveticcare.ch.
Haben Sie das Gefühl, dass eine konsumentenorientierte, digitale Plattform Mehrwert im «Markt des Alterns» bieten kann?
Ich bin überzeugt, dass eine solche Plattform einen grossen Mehrwert bieten kann und für die Betroffenen von hohem Nutzen ist. Die Leute leben immer länger, womit das selbstbestimmte Wohnen und Leben automatisch an Bedeutung gewinnt. Oft bestehen fixe Vorstellungen, zum Beispiel wie es in einem Heim zu und hergeht oder was die Spitex tut oder nicht tut. Dies kann Leute daran hindern, sinnvolle Angebote anzunehmen, beziehungsweise sie tun dies erst dann, wenn eine Integration in eine andere Umgebung oder Lebensform viel schwieriger ist.
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Es ist unser Ziel, selbstbestimmtes Leben im Alter zu fördern. Dafür gibt es für die Mitglieder von Helvetic Care nicht nur wertvolle Informationen, sondern auch viele attraktive Angebote zu den unterschiedlichsten Themen. Sichern Sie sich Ihre Vorteile und klicken Sie auf den Button.
Zu unseren AngebotenSie sind Präsident der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates. Ist seitens der Politik in den nächsten Jahren etwas zu erwarten, was den Menschen mehr Entscheidungsfreiheit einräumen wird?
Ja, ich erhoffe mir sehr, dass heute bestehende finanzielle Fehlanreize, die für die Wahl oder Nicht-Wahl einer bestimmten Lebensform entscheidend sind, beseitigt werden können. So wird insbesondere bei den Ergänzungsleistungen (EL) das betreute Wohnen gegenüber dem Wohnen in einem Heim benachteiligt.
Inwiefern?
Es kann oft vorkommen, dass Leute, die eigentlich in betreutem Wohnen gut aufgehoben sind, aufgrund der Überschreitung der Kosten nicht genügend EL erhalten und dann gezwungen sind, in ein Heim zu zügeln, was letztlich die Öffentlichkeit sogar mehr kostet und für die Betroffenen eine unnötig rasche Einschränkung ihres selbstbestimmten Lebens bedeuten kann. Gleiche Verzerrungen gibt es auch zwischen Spitex und Heimen aufgrund unterschiedlicher Finanzierungsmodelle. Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, dass im Projekt EFAS (einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen der Krankenversicherung) auch die Pflege einbezogen wird.
Über Albert Rösti
Dr. Albert Rösti aus Frutigen BE sitzt seit 2011 im Nationalrat. Dort ist er Präsident der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK). Von 2016 bis 2020 amtete er als Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Seit 2020 ist Rösti zudem Präsident von senesuisse – dem Verband wirtschaftlich unabhängiger Alters- und Pflegeeinrichtungen Schweiz.
Wir wollen auch mehr Transparenz in den Angebotsmarkt der zukunftsorientierten Heime bringen. Wie beurteilen Sie diese Bemühungen aus der Optik «Präsident Senesuisse»?
Diese Bemühungen begrüsse ich. Transparenz belebt den Wettbewerb und erhöht damit die Qualität insgesamt. Zudem ist es ein Nutzen für die betroffenen Personen, wenn sie im Alter für die Gestaltung ihrer Lebensumstände aus mehreren Angeboten auswählen können.
Pflegeheime gelten heute mehr wie Krankenheime. Sie sind eine «Hospitalisation» in Kollektivhaushalte mit Pauschalangeboten. Sollten nicht mehr Rahmenbedingungen geschaffen werden, um von diesem alten «Heim-Modell» wegzukommen?
Ich erachte es als sinnvoll, wenn die Modelle durchlässig und nahe beieinander angeboten werden können. Von Spitex zu Hause über betreutes Wohnen bis zur klassischen Pflege im Altersheim sollte ein möglichst stufenloser Prozess stattfinden. Dies ist dann möglich, wenn die verschiedenen Angebote unter einem Dach zusammengefasst werden. Damit würden Leute, die sich für betreutes Wohnen entschieden haben, immer mehr Dienstleistungen beziehen, bis sie praktisch unbemerkt zu Heimbewohnern werden. Das würde betreffend Integration eine grosse Entlastung geben, nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen.
Welchen Beitrag können die nationale und kantonale Politik leisten, um entsprechende Rahmenbedingungen für finanzierbaren Wechsel von Angebot- zu Nachfragemodellen zu schaffen?
Die nationale und kantonale Politik kann wie oben beschrieben vor allem die finanziellen Anreize gestalten, sodass die Entschädigungen so festgesetzt werden, dass die Wahl von Betreuungsleistungen auf das beste Modell für die Betroffenen selbst passt. Die Diskussion rund um die Reform der Ergänzungsleistungen, für die das Parlament vor einiger Zeit eine Motion überwiesen hat, dürfte hier wegweisend sein.
Wo sehen Sie die Grenzen von «selbstbestimmt leben im Alter»?
Leider ist festzustellen, dass mit der steigenden Lebenserwartung auch Demenzerkrankungen ansteigen. Ab einem gewissen Grad dieser Erkrankungen ist ein selbstbestimmtes Leben natürlich sehr schwierig. Aber gerade in diesem Bereich sind die durchlässigen Modelle für die Aufrechterhaltung einer möglichst langen Selbstbestimmung wichtig.
Haben Sie etwas, das Sie helveticcare.ch gerne mit auf den Weg geben würden?
Ich bin zwar kein Experte, stelle aber aus eigener Erfahrung immer wieder fest, dass Homepages relativ gut starten, aber dann oft überladen werden. Nach dem Motto «das Einfache ist edel» ist die Information so schlank wie möglich zu halten.