Der Jungfrau-Marathon bildet der Auftakt zur Volkslauf-Hochsaison und gilt als besonders anspruchsvoll. Schliesslich gilt es, 1953 Höhenmeter auf 42.195 km zu meistern.
Trotz dieser respekteinflössenden Zahlen sind die 4000 Startplätze jedes Jahr ausverkauft. Dies liegt vor allem an der Schönheit der Strecke, die vom Start in Interlaken auf 567 m ü.M. mit dem berühmten Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau im Blickfeld zum Eigergletscher auf 2320 m ü.M. führt.
Nach knapp drei Stunden sind die schnellsten im Ziel, mehr als sieben Stunden dauert der Jungfrau-Marathon bei den letzten. Finishen gilt indes bereits als Sieg. Denn wer unterwegs an festgelegten Orten die Kontrollschlusszeiten verpasst, muss das Rennen abbrechen.
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Jacqueline Keller war schon 1993 bei der Premiere dieser Challenge dabei. Wobei sie eigentlich nicht bloss «dabei war.». Die damals 31-jährige Läuferin beendete das Rennen nämlich auf dem 3. Gesamtrang der Frauen. Aus der ersten Teilnahme entwickelte sich eine Faszination, genährt aus vielen positiven Erinnerungen.
Ältere Menschen sind seit einigen Jahren die stärksten Treiber des Sportbooms in der Schweiz. Ältester Finisher am Jungfrau-Marathon 2022 ist der 78-jährige Hanspeter Kundert in einer Zeit von 6:19:02 Std.
Die gelernte Buchhalterin und Mutter zweier erwachsener Kinder ist aber nicht nur eine passionierte Läuferin, sondern an erster Stelle ein Familienmensch. Und als dieser immer schon über die eigene Familie hinaus engagiert. Wegen ihrer vielen freiwilligen Tätigkeiten wurde sie vor einigen Jahren als Aargauerin des Jahres nominiert. Pro Senectute Baden und der Aargauer OL-Verband sind zwei Beispiele für aktuelle Engagements von Jacqueline Keller.
Mit 60 Jahren ist Jacqueline Keller noch immer eine aktive Läuferin. (Bild: WeArePepper/Alexander Wagner)
Am 9. September 2022 startete die heute 60-Jährige zum 14. Mal am Jungfrau-Marathon. Ihr Ziel: Den Wettkampf innerhalb einer Stunde über ihrer Bestzeit von 3:41 Std. aus dem Jahr 1996 zu beenden. Ambitioniert, wie es ihrem Naturell entspricht.
Beim Start um 8.30 Uhr in Interlaken herrschten ideale Lauftemperaturen von rund zehn Grad. Und mit ihrer Erfahrung wusste sie, dass es wichtig ist, auf der ersten Streckenhälfte, die im Vergleich zum Rest flach ist, nicht zu viel Kraft zu verbrauchen. So lief sie nach Lauterbrunnen mit viel Energie in die gewaltige Steigung hoch nach Wengen zu Kilometer 30. Der Zeitplan stimmte. Bloss nicht vom Laufen ins Marschieren verfallen, lautete ihre Devise.
Dies gelang ihr bis nach Kilometer 38, von wo an die Stecke nochmals deutlich vertikaler verlief. Entlang dieser schwierigen Passage standen auch dieses Jahr Alphorn-, Treichler- und Jodel-Formationen.
Sehr zur Freude aller Läuferinnen und Läufer. Auch für Jacqueline Keller immer ein Highlight. Obschon sie gehörlos ist. Im Alltag trägt sie Implantate, die sie für Wettkämpfe aber herausnehmen muss, da sie sich nicht mit der Nässe des Schweisses vertragen.
Noch 100 Meter bis zum Ziel. Tönt gut. Wenn nur nicht auf diesen letzten Metern nochmals 150 Höhenmeter zu überwinden wären. Eine Neuerung gegenüber den Vorjahren, als die letzten Meter abwärts führten und zum gefühlten Fliegen verführten.
4:42:52 leuchtete schliesslich als Schlusszeit auf. Persönliche Vorgabe von 4:41:00 knapp verpasst. Freude herrschte trotzdem. 29 Jahre nach der Premiere immer noch als aktive Sportlerin am Jungfrau-Marathon mitmachen und finishen zu können, macht sie stolz. Und die Zugabe folgte als SMS-Mitteilung: Jacqueline Keller war als Siegerin der Kategorie W60 eingelaufen! Gut möglich, dass dies noch nicht ihr letzter Jungfrau-Marathon war.
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