Helvetic Care hat in der Vergangenheit verschiedene Artikel zu den Krankenzusatzversicherungen publiziert. Nun ist der von der Industrie jeweils mit Spannung erwartete Bericht zum Jahr 2021 von der Finanzmarktaufsicht Finma erschienen. Verschiedene Menschen haben uns gebeten, diesen aus der Sicht der Krankenzusatzversicherungen zu interpretieren. Am Ende finden Sie eine kurze Zusammenfassung.
Zum Finma-BerichtIm Finma-Bericht (Seiten 34 und 35) werden sämtliche Zusatzversicherungen nach VAG / VVG zusammengezogen. Es handelt sich um eine weitreichende Palette von Versicherungsangeboten: Namentlich eingeschlossen sind ambulante und stationäre Zusatzversicherungen, Krankentaggeld-Versicherungen, aber auch Unfallzusatzversicherungen oder Reiseversicherungen.
Genau dieser Aspekt führt zu absoluten Marktanteilen und Marktanteilsveränderungen zwischen 2011 und 2021, welche differenziert angeschaut werden müssen: So dürfte die SWICA (Nummer 2) diese Position aufgrund des hohen Volumens (> CHF 800 Mio.) an Krankentaggeldversicherungen einnehmen. Die CSS hat demgegenüber Marktanteile verloren, wohl weil sie ihr Krankentaggeldgeschäft veräussert hatte.
Der Einfluss der Versicherungszweige, die nicht ausschliesslich den Krankenkassen zugeschrieben werden (z.B. klassische ambulante und Spital-Zusatzversicherungen), auf das Gesamtergebnis ist bedeutend.
Von den nicht ganz CHF 12 Mrd. an Zusatzversicherungsprämien bei den Krankenkassen dürften 2021 gut 8.5 Mrd. auf das klassische Geschäft der ambulanten und stationären Zusatzversicherungen (Heilungskosten) entfallen sein.
Otto Bitterli hat sich ein Berufsleben lang an der Schnittstelle zwischen Privat- und Sozialversicherung bewegt. Er kommt ursprünglich von der Privatversicherungsseite (Winterthur) und hat dann bei der Sanitas als Geschäftsleitungsmitglied, als CEO und 1 Jahr als Verwaltungsratspräsident (VRP) gearbeitet. Aktuell ist er Berater und in mehreren VR und Boards tätig, unter anderem als VRP der Helvetic Care.
Interessant ist, dass die Finma (Seite 30 des Berichtes) die Krankenversicherungen als Teil der Nichtleben-Versicherung mal mitberücksichtigt und dann wieder nicht (z.B. Seite 31). Wenn die Krankenversicherung mitberücksichtigt wird, dann ist diese mit CHF 11.8 Mrd. der weitaus grösste Zweig der Nichtleben-Versicherungen (Auto, Hausrat, Haftpflicht etc.). Die Finma weist in der Schweiz einen Nichtleben-Markt von insgesamt nicht ganz CHF 30 Mrd. aus.
Interessant ist der von der Finma publizierte Vergleich (Seite 34) der Entwicklung der Ergebnisse der Krankenversicherungen (trotz den unter 1 erwähnten «Verzerrungen») zwischen den Jahren 20 und 21:
Die Prämien haben von 2020 auf 2021 um 1.2% zugenommen. Diese 1.2% dürften vor allem auf Prämienerhöhungen und auf die von Helvetic Care thematisierten Alterssprünge zurückzuführen sein. Die Mehrprämien dürften vorwiegend aus dem Bestand und nicht aufgrund des Neugeschäftes zustande gekommen sein.
Obwohl 2020 aufgrund von Covid während fast 3 Monaten kaum Leistungen entstanden sind, bleibt der Aufwand für Versicherungsfälle 2021 praktisch identisch (Zunahme von lediglich 1%). Das erstaunt: Gemeinhin hätte man erwartet, dass aufgrund des Nachholeffektes (aufgeschobene Wahloperationen) hier ein grösserer Steigerungseffekt hätte eintreten müssen.
Die Verwaltungskosten gingen 2021 gegenüber 2020 um 0.3% zurück. Die gesamte Industrie weist zusammen Kosten von CHF 1.7 Mrd. aus. Dies entspricht einem Anteil von ca. 20% an den verbuchten Prämien. Die Finma führt die Kostenreduktion auf einen «Minderaufwand an Provisionen aufgrund der Branchenvereinbarung» zurück.
2022 resultiert ein Gewinn aus den Kapitalanlagen von CHF 682 Mio. Dies ist auf ein sehr erfolgreiches Finanzjahr 22 mit einer Kapitalanlagerendite von 3.86% über die Krankenversicherer hinweg zurückzuführen. Zum Vergleich: Die NL-Versicherer weisen eine Kapitalanlage-Rendite von 4.21%, die Lebensversicherer eine von 2.63% aus. Die Unterschiede liegen hauptsächlich in den unterschiedlichen Auflagen gegenüber den Versicherern.
Die Krankenversicherer haben im Jahr 2022 Steuern von fast CHF 140 Mio. geleistet. Das sind CHF 35 Mio. mehr als 2020. Im Vergleich dazu: Die Rückversicherungen in der Schweiz haben CHF 221 Mio. an Steuern abgegeben. Die privaten Krankenversicherer sind also auch für den Staat eine nicht unbedeutende Industrie!
Mit ausgewiesenen Gewinnen von CHF 677 Mio. und einer Eigenkapitalrendite von 13.92% kann man von einer «gesunden Industrie» sprechen, welche durchaus auch für Investoren interessant sein müsste.
Eine über die gesamte Industrie ausgewiesene Solvenz (das Mass an Sicherheit in der Versicherungsindustrie) von 392% im Jahr 2021 ist ausgesprochen bemerkenswert. Das gibt Sicherheit und Vertrauen. Hinweis: Die Solvenz in der Krankenversicherung ist methodisch sehr stark an die Nichtleben-Versicherung angelehnt. Würde die Lebensversicherung als Massstab herangezogen werden, dann gäbe dies für die Industrie andere Prozentzahlen.
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Spitalzusatzversicherung