Erkenntnisse 2022: Krankenkassen sind grosse Finanzinstitute
Die Krankenversicherer sind wohl sehr froh, dass das Jahr 2022 abgeschlossen und die Resultate bekannt und verdaut sind! Eines kann festgehalten werden: Die Krankenkassen sind in den vergangenen 20 Jahren zu sehr grossen Finanzinstituten herangewachsen: Mehr als CHF 30 Milliarden werden über sie umgesetzt.
2022 ist in dieser Industrie insgesamt ein ausgewiesener Verlust von gegen CHF 3 Milliarden entstanden. Die Versicherer haben aber in den vergangenen Jahren genug Reserven angespart, um das ohne folgenschwere Konsequenzen wegstecken zu können. Sie stehen sicher da.
Zusatzversicherungen: grosse Verluste
Viele der Verluste sind bei den Zusatzversicherungen entstanden. Das erstaunt nicht weiter. Hat doch da – bei dem grossen Anlagevolumen – die negative Finanzmarktentwicklung 2022 erbarmungslos zugeschlagen. Die Versicherer haben die negativen Ergebnisse unterschiedlich transparent ausgewiesen bzw. kaschiert.
Grundversicherungen: grosse Unterschiede
Das Geschäft ist unbeständig: Dies zeigt sich in den sehr unterschiedlichen Ergebnissen 2022 der Krankenkassen und in den unterschiedlichen Prämienerhöhungen per Januar 2023.
Nehmen wir die Helsana mit einem grossen Verlust im 2022, aber bereits erfolgten überdurchschnittlichen Prämienanpassungen per 1.23. Prominentes Beispiel für die Verwerfungen ist die KPT mit einem negativen Ergebnis 22 in der Grundversicherung und geringer Prämienerhöhung per 1.23. Da die Krankenkasse zudem gewaltig gewachsen ist, besteht wohl entsprechender Anpassungsbedarf per 24.
Strategien: weg vom Kerngeschäft?
Eine Erkenntnis aus dem 22 ist zweifellos, dass es auch in Zukunft um «Versicherungen» gehen wird – also um das Versichern und Tragen von effektiven Risiken und um den treuhänderischen Umgang mit den anvertrauten finanziellen Mitteln.
Als Beobachter kann man leicht den Eindruck erhalten, dass es bei den Krankenkassen mittlerweile um ganz andere Dinge geht: Die Industrie kommuniziert über Gesundheit, die tausendste App, Wellbeing, Health Forecasts (Gesundheit der Zukunft) und scheint immer mehr in die klassische Medizin eindringen zu wollen.
All diese Kommunikation findet man jedoch nicht in den Ergebnissen und Bilanzen 2022. Es gibt dazu keine Umsatzpositionen. Dabei kostet diese Entwicklung und führt in aller Regel zu erhöhten Ausgaben und Verwaltungskosten. Ob sich damit langfristig das Vertrauen der Kunden in die Milliardenunternehmen steigern lässt und sich damit für diese Mehrwerte ergeben?
Auch tut sich die Industrie schwer damit, das Kerngeschäft in den Zusatzversicherungen zu erneuern. Es gibt einige, die den Aufbruch zum privaten Versicherer wagen und z. B. in die Vorsorge (Groupe Mutuel) oder in den Sach- und Autoversicherungsmarkt (Visana) vordringen möchten.
Einige begegnen der Prämienerosion in den Zusatzversicherungen mit Produkten, die mit Versicherung kaum etwas zu tun haben, weil sie keine effektiven Risiken abdecken. Das dürfte aus Optik des Konsumenten kaum die nachhaltige Lösung für die Zukunft sein.
Welche Prämienerhöhungen sind im Herbst zu erwarten?
Letzte Prämienankündigung von Bundesrat Berset
Aktuell wird viel über die Amtszeit von Bundesrat Berset resümiert. Keine Erwähnung fand bis anhin, dass Alain Berset den Krankenversicherern über das Krankenversicherungs-Aufsichtsgesetz (KVAG) den Anspruch auf Kommunikation entzogen hat.
Er ist es, der Ende September die Prämien bekannt gibt. Vorab dürfen die Krankenversicherer nicht mehr autonom informieren. Eine interessante Veränderung in den letzten zehn Jahren. So wird Alain Berset gegen Ende September zum letzten Mal die grosse Bühne im Zusammenhang mit den Prämien 2024 gehören. Ob er das auch wirklich möchte? The show must go on…
Grundversicherungen: durchschnittliche Erhöhungen zwischen 7 und 10 % mit grossen Ausreissern
Eines kann man zu den Prämien bereits jetzt festhalten: Es wird eine hohe und weiter steigende Teuerung der Gesundheitskosten finanziert werden müssen. (Einige Gründe: Spitaldefizite, Anpassung der Löhne der Pflege, Zulassung der psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Verschiebung zu ambulant ohne Bettenabbau im Spital, weiterhin enorme Investitionen in stationäre Institutionen.)
Dies dürfte gemäss Experten eine Prämienanpassung von durchschnittlich sieben bis zehn Prozent per Januar 24 notwendig machen.
Die einzelnen Versicherer werden aufgrund der Ergebnisse 22 und der erfolgten Anpassungen 23 sehr unterschiedliche Erhöhungen vornehmen. Hier kann man von einer Bandbreite zwischen ca. 4 und 13 Prozent ausgehen. Das dürfte wiederum zu einem enorm hohen Wechslermarkt führen. Also, liebe Userinnen und User, bleiben Sie bei helveticcare.ch darüber informiert, was in diesem Herbst konkret passiert.
Gespannt darf man auch auf die Entwicklung der alternativen Versicherungsmodelle (AVM) sein. Hier scheint das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Zusammenhang mit der Initiative des Kantons Bern, des Swiss Medical Networks und der Visana über eine präjudizierende Genehmigung eines alternativen Modells entscheiden zu müssen.
Helveticcare.ch hat bezüglich der alternativen Modelle bereits einen neuen Vorschlag in die Diskussion eingebracht: Ein Eingriff des BAG in die Rabattstruktur der alternativen Modelle könnte die Digitalisierung des Gesundheitswesens via Telemedizin rasch und nachhaltig fördern.
Zusatzversicherungen und die Finma
Bei den Diskussionen über die Grundversicherungen und gepaart mit all den politischen Rezepten (Wahlen im Herbst!), dürfte die Frage nach der Entwicklung der Prämien in den Zusatzversicherungen wohl weitgehend untergehen. Nicht so bei helveticcare.ch: Wir werden Sie mit Informationen begleiten und unterstützen.
Dabei müsste es bezüglich Zusatzversicherungen gerade in diesem Herbst interessant werden. Denn das zwischen den Versicherern und der Finanzmarktaufsicht Finma vereinbarte Zeitfenster zur Anpassung der Spital- und Arztverträge läuft per 1.24 aus. Nur schon das von der Finma geforderte Verbot von Doppelbezahlungen sollte grosse finanzielle Auswirkungen haben und müsste rein logisch betrachtet in den Halbprivat- und Privatversicherungen zu Prämiensenkungen führen. Man kann also gespannt sein, welchen Massstab die Finma nun ansetzt.
Prämiensteigerungen im Alter: auch für 30- bis 50-Jährige ein grosses Thema!
Was auch in diesem Herbst nicht gelöst sein wird, sind die Prämiensprünge bei den Halbprivat- und Privatversicherungen mit zunehmendem Alter. Damit werden wichtige Versicherungen für viele nicht mehr bezahlbar. Und das just in dem Moment, wenn man diese am nötigsten hätte.
Dies betrifft sämtliche Halbprivat- und Privatversicherten. Also insbesondere auch die jüngeren Menschen – all jene, die in den letzten fünf bis zehn Jahren eine solche Versicherung abgeschlossen haben. Sie können enorm viel Geld sparen, wenn sie sich vergewissern. Sie sollten aber nicht nur die aktuelle Prämie anschauen, sondern die finanziellen Aufwände über ein ganzes Leben betrachten. Das kann in die Hunderttausende von Franken gehen. Zudem: Die jüngeren Versicherten können jetzt – wenn sie gesund sind – noch wechseln.
Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach
Möchten Sie wissen, wie sich die Prämie Ihrer halbprivaten und privaten Spitalzusatzversicherung entwickelt? Dann fragen Sie bei Ihrer Versicherung nach.
Eine Vorlage des Mails erhalten Sie, wenn Sie auf den jeweiligen Link Ihrer Krankenkasse klicken. Ein vorgeschriebenes Mail öffnet sich in Ihrer Mail-Applikation und Sie brauchen nur noch auf «Senden» zu klicken.