Volk und Stände haben am 3. März 2024 die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» angenommen. Rund 58 Prozent der Stimmberechtigten sprachen sich dafür aus, dass alle Pensionierten Anspruch auf eine 13. AHV-Rente haben.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat die Initiative im März 2021 eingereicht. Begründet wurde diese unter anderem mit den steigenden Lebenshaltungskosten und mit den sinkenden Pensionskassenrenten. Sprich: Rentnerinnen und Rentner hätten Mühe, über die Runden zu kommen. Die Gegenseite argumentierte u. a. damit, dass ein Ja zu Mehrkosten von vier bis fünf Milliarden Franken führen sowie die Probleme der AHV verstärken würden. Trotzdem nahm die Mehrheit der Stimmberechtigten folgenden Initiativtext (siehe Box) an, in dem nichts von einer 13. AHV-Rente steht.
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:
Art. 197 Ziff. 12
Übergangsbestimmung zu Art. 112 (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung)
1 Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente haben Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente.
2 Der Anspruch auf den jährlichen Zuschlag entsteht spätestens mit Beginn des zweiten Kalenderjahres, das der Annahme dieser Bestimmung durch Volk und Stände folgt.
3 Das Gesetz stellt sicher, dass der jährliche Zuschlag weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs auf diese Leistungen führt.
Quelle: https://www.ahvx13.ch/
Geplant ist, dass die AHV-Rente ab dem 1. Januar 2026 um 8,3 Prozent erhöht wird. Das heisst, ab dann erhalten alle AHV-Bezüger mehr Geld – auch Personen, die Ergänzungsleistungen beziehen.
Gemäss Initiativtext entsteht der Anspruch auf den jährlichen Zuschlag zwar schon spätestens zu Beginn des zweiten Kalenderjahres, das der Annahme dieser Bestimmungen durch Volk und Stände folgt. Will heissen, dass die 13. AHV-Rente theoretisch schon ab 2025 ausbezahlt werden könnte. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass dies schon auf dieses Datum umgesetzt wird.
Nur die Altersrenten der AHV werden nach dem aktuellem Stand erhöht. Weiterhin zwölf Hinterlassenenrenten erhalten Witwen, Witwer und Waisen. Das gilt auch für Bezüger der Invalidenversicherung IV.
Personen, die Ergänzungsleistungen (EL) beziehen, haben zwar Anspruch auf die 13. AHV-Rente, der Rentenzuschlag fliesst aber nicht in die Berechnung des Anspruchs auf die EL mit ein. Das heisst, dass ihnen die EL nicht aufgrund der 13. AHV-Rente gekürzt wird.
Die AHV-Rente soll um 8,3 Prozent erhöht werden. Voraussichtlich ab 2026 bekommen Einzelpersonen, die eine maximale Altersrente beziehen, 31'850 Franken pro Jahr – das sind 2450 Franken mehr als heute.
Die minimale Einzelrente würde gemäss heutigen Berechnungen um 1225 auf 15’925 Franken steigen. Die maximale Rente für Ehepaare würde um 3675 auf 47'775 Franken erhöht.
Achtung: Diese Zahlen könnten sich aber bis zur Umsetzung noch ändern, da die AHV-Renten in der Regel alle zwei Jahre anhand eines gesetzlichen Mischindexes an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden.
Ja, auch AHV-Bezüger im Ausland sollen die 13. AHV-Rente erhalten. 2022 flossen rund 789’000 Altersrenten der AHV ins Ausland.
AHV-Bezüger müssen keine Massnahmen ergreifen – sie erhalten die 13. AHV-Rente voraussichtlich ab 2026 automatisch. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie bei der zuständigen AHV-Ausgleichskasse angemeldet sind. Damit sie die Rente auch pünktlich erhalten, melden sie sich im Optimalfall schon sechs Monate vor der Pensionierung an.
Die zuständige Ausgleichskasse ist normalerweise diejenige, bei der die Beiträge zuletzt einbezahlt wurden. Bekommt der Ehepartner bereits eine AHV-Rente, erfolgt die Anmeldung bei seiner zuständigen Ausgleichskasse.
Möchten Sie nach der Pensionierung weiterarbeiten? Alles Wissenswerte erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Nach der Abstimmung war dies noch unklar. An einer Medienkonferenz Ende März teilte der Bundesrat aber mit, dass er die Auszahlung als einmalige 13. AHV-Rente als Eckwert definierte. Also ähnlich wie Angestellte einen 13. Monatslohn erhalten, wird auch die zusätzliche AHV-Rente einmal im Jahr überwiesen. Damit könne dem Willen des Volkes am besten entsprochen werden. Entscheiden muss aber letztlich das Parlament.
Einzelheiten zur einmaligen Auszahlung sind zurzeit noch nicht festgelegt. Etwa wie das Geld nach einem Todesfall oder bei einer Pensionierung unter dem Jahr ausbezahlt wird.
Sprecherin des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV Sabrina Gasser sagte Anfang März 2024 zur NZZ, dass es bei der einmaligen Auszahlung der 13. Rente folgende Hürden gibt:
Grundsätzlich gilt: Alles geht über das Schweizer Parlament. Der Bundesrat muss dem Parlament Vorschläge unterbreiten und das Parlament entscheidet. Folgende Schritte sind nötig.
1. Das Bundesparlament muss zunächst die Bundesverfassung anpassen. Darin wird verankert, dass ab 2026 die Ausgleichskassen eine 13. Altersrente auszahlen werden.
2. Nun muss das Parlament das AHV-Gesetz anpassen.
3. Zuletzt legt das Parlament die Verordnungsbestimmungen über die 13. Altersrente fest und publiziert gleichzeitig die konkreten Weisungen für die Umsetzung.
Um die Finanzierung der AHV bis 2030 zu stabilisieren, wurde diese in den vergangenen Jahren mehrmals reformiert. 2020 wurden die Lohnabzüge und der Bundesbeitrag für die AHV angehoben und 2024 erfolgte eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze. Ebenso stimmte das Stimmvolk zu, dass bis 2028 das AHV-Alter der Frauen auf 65 Jahre erhöht wird.
Damit die AHV auch nach dem Jahr 2030 finanziert werden kann, muss der Bundesrat eine weitere Reform ausarbeiten. Doch wie wird diese Reform mit der Umsetzung der 13. AHV-Rente in Einklang gebracht? Gemäss Bundesamt für Sozialversicherung BSV muss dies der Bundesrat zeitnah bestimmen.
Die 13. AHV-Rente verursacht bei der Einführung zusätzliche Kosten von 4,2 Milliarden Franken. Da es immer mehr Rentner gibt, werden diese jedes Jahr steigen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) rechnet nach fünf Jahren mit Zusatzkosten von 5 Milliarden Franken.
Angaben zur Finanzierung fehlen aber in der Initiative. Aus diesem Grund muss diese gemäss dem BSV das Parlament festlegen. Zunächst sah das BSV folgende Möglichkeiten vor.
Laut dem BVS würden ohne diese Massnahmen das Defizit der AHV schnell steigen und innerhalb von wenigen Jahren mehrere Milliarden Franken betragen.
Die Finanzierung der AHV erfolgt heute vorwiegend über Lohnbeiträge, den Beitrag des Bundes und Einnahmen aus der Mehrwertsteuer.
Gemäss einer Medienmitteilung von Ende März 2024 hat sich der Bundesrat zur Deckung der Mehrausgaben nun auf zwei Möglichkeiten verständigt:
Die Finanzierung erfolgt ausschliesslich über eine Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,8 Prozent. Diese würden von derzeit 8,7 auf 9,5 Prozentpunkte steigen. Also je 4,75 für den Arbeitnehmenden und 4,75 für den Arbeitgebenden.
Bei der zweiten Variante könnten die Erhöhungen der Lohnabzüge und der Mehrwertsteuer kombiniert werden. Die Mehrwertsteuer würde um 0,4 Prozent und die Lohnbeiträge würden um 0,5 Prozent (hälftig 0,25 Prozent) steigen.
Noch hat der Bundesrat keine Präferenz für eine der beiden Varianten. Durch die Massnahmen will er verhindern, dass sich die Finanzen der AHV schnell verschlechtern. Er rechnet damit, dass das sogenannte Umlageergebnis ohne die Zusatzfinanzierung schon 2026 negativ ausfallen wird.
In der Medienmitteilung von Ende März 2024 wurde auch kommuniziert, was mit dem Bundesanteil geschieht. Der Bund zahlt zurzeit pro Jahr 20,2 Prozent der Ausgaben für die AHV aus der Bundeskasse. Aufgrund der 13. AHV-Rente würde das Bundesbudget ab 2026 mit 840 Millionen Franken zusätzlich belastet werden. Um diese Mehrkosten zu verringern, soll der Bundesbeitrag ab diesem Jahr vorübergehend auf 18,7 Prozent gesenkt werden, bis die nächste AHV-Reform in Kraft tritt.
Allerdings erhält die AHV durch diese Senkung weniger Geld. Um dies abzufedern, schlägt die Regierung zwei Möglichkeiten vor: Zum einen sollen die fehlenden Mittel des Bundes dem AHV-Fond belastet werden. Zum anderen wäre eine zusätzliche Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,2 Prozentpunkte oder eine Kombination mit 0,1 Prozent mehr Lohnabzug und 0,2 Prozent mehr Mehrwertsteuerabzug möglich.
Damit die 13. AHV-Rente auch bis 2026 ausgezahlt wird, verfolgt der Bundesrat einen straffen Zeitplan. Bis Sommer 2024 soll das Eidgenössisches Departement des Innern EDI eine Vernehmlassungsvorlage mit den beschlossenen Eckwerten vorlegen. Die Botschaft zuhanden des Parlaments soll bis Herbst 2024 folgen.
Die Gesetzesanpassung für die Umsetzung der 13. AHV-Rente und für deren Finanzierung sollen gemäss Bundesrat ein Paket mit zwei separaten Vorlagen bilden. Dadurch soll garantiert werden, dass die Gesetzesänderungen in Kraft treten, auch wenn diese bei einer möglichen Volksabstimmung abgelehnt würden oder es Verzögerungen bei der Finanzierung gäbe.
Schon kurz nachdem der Bundesrat seine Vorschläge zur Finanzierung präsentiert hatte, äusserten sich vor allem die bürgerlichen Parteien kritisch. In ihren ersten Reaktionen Ende März 2024 lehnten sie höhere Lohnabzüge und Mehrwertsteuern ab.
Anfang Mai 2024 teilte die Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) nun mit, dass sie sich gar nicht erst über eine Finanzierungsvorlage beraten möchte. Mit 13 zu 12 Stimmen sprach sie sich dagegen aus.
In einem Brief empfahl sie dem Bundesrat, auf die geplante Finanzierungsvorlage zu verzichten. Die Finanzierungsmassnahmen sollen stattdessen in die nächste grosse Reform einfliessen, die Ende 2026 ansteht. So könnten die AHV und ihre Finanzierung für das nächste Jahrzehnt gesichert werden.
Ebenfalls forderte die Kommission in ihrer Mitteilung vom 3. Mai den Bundesrat dazu auf, den Bundesbeitrag an die AHV nicht zu senken. Entscheidet sich der Bundesrat trotzdem für eine Senkung und strebt zugleich die kombinierte Variante der Finanzierung an, soll dies gemäss dem Willen der Kommission in einem einzigen Paket dem Parlament vorgelegt werden. Der Bundesrat sieht hingegen zwei separate Vorlagen vor.
Wichtig: Bei diesen Vorschlägen der Sozialkommission handelt es sich um Empfehlungen, der Bundesrat kann entscheiden, ob er den eingeschlagenen Weg weitergeht. Laut Medienberichten wird er dies wahrscheinlich zwar tun, trotzdem könne die Stimmung in der Kommission als Vorbote für die spätere Diskussion im Parlament gewertet werden.
Auch wenn die Finanzierung erneut ungewiss ist, soll die 13. AHV-Rente nach dem Willen der Sozialkommission ab 2026 dennoch ausbezahlt werden. Die Umsetzung ist also nicht gefährdet. Für einige Jahre soll die Finanzierung gemäss der Kommission über den AHV-Fond gesichert werden. Die SGK-N ist sogar für eine 13. Rente für IV-Bezüger und spricht sich gegen eine Kürzung der Ergänzungsleistungen aus.
Wie die Diskussion nun weitergeht, ist unklar. Während FDP, SVP und GLP die Finanzierungsvorlage des Bundesrats ablehnen, sind Vertreter der SP, Grünen und zunehmend auch der Mitte gegen den Vorschlag der Sozialkommission.
Trotz der unklaren Finanzierung können sich alle AHV-Bezügerinnen und -Bezüger ab dem 1. Januar 2026 auf 8,3 Prozent mehr Rente pro Jahr freuen. Voraussichtlich beträgt neu die jährliche
Die höheren Renten verursachen aber Mehrausgaben in Milliardenhöhe, die finanziert werden müssen. Der Bundesrat sieht entweder eine Erhöhung der Lohnabzüge oder eine Kombination aus höheren Lohnbeiträgen und Mehrwertsteuern vor. Ob dies vom Parlament auch so abgesegnet wird, ist ungewiss.
Klar sein dürfte auch, dass die höheren AHV-Renten die Lebenshaltungskosten kaum decken. Da ist es wichtig, dass man auch Geld in die zweite Säule einzahlt und privat vorsorgt. Zwar fängt die Pensionierung in der Schweiz erst mit 65 oder 64 Jahren an. Doch es lohnt sich, sich schon viele Jahre vorher mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen und einen Budgetplan für das Alter zu erstellen.
Tags