Noch nie habe ich in den zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen Industrien so oft das Wort Fokus gehört wie in den vergangenen Monaten. Das hat sicherlich damit zu tun, dass in der Vergangenheit genau das Gegenteil passiert ist: Öffnung gegenüber anderen Welten, Bildung von Ökosystemen, Investitionen in Start-ups, in Agilität und Innovation waren für lange Zeit die prägenden Begriffe und Verhaltensweisen. Es scheint, als ob man nun das Geld wieder lieber in Obligationen und weniger in abenteuerliche Vehikel investiert.
Woher kommt diese Zeitenwende?
Nicht nur in der Export-, sondern auch in weiten Teilen der Konsumgüterindustrie muss der Gürtel enger geschnallt werden. Die Unternehmen antizipieren die wirtschaftlich anspruchsvolle Situation und stehen auf die Bremse. Der wirtschaftliche Kampf wird aggressiver. Gleichzeitig bleibt den Konsumentinnen und Konsumenten weniger: höhere Prämien für die Krankenversicherung, höhere Energiepreise oder höhere Mietpreise engen den Spielraum merklich ein.
In solchen Zeiten rückt regelmässig der Schutz der eigenen vier Wände, des eigenen Unternehmens oder des eigenen Personals in den Vordergrund. Mit dem eigenen Personal genau das machen, was kalkulierbaren Wert mit sich bringt - Fokus eben.
Damit bleibt automatisch weniger Geld für die Experimentierfreudigkeit und für Innovation übrig. Wobei man sich aus guten Gründen auch fragen kann, ob «echte» Innovation nicht gerade in wirtschaftlich anspruchsvolleren Zeiten stärker aus sich selbst heraus erfolgt. Auch das ist ein Phänomen: Man sieht davon ab, die Innovation einfach einzukaufen.
Auch bringt Fokus etwas anderes ans Tageslicht: Die Mentalität des «wir können alles» ist einer realistischen Einschätzung der eigenen Stärken und vor allem auch der eigenen Schwächen gewichen.
Otto Bitterli ist Verwaltungsratspräsident (VRP) der Helvetic Care AG. Zudem ist er Berater und in weiteren Verwaltungsräten und Boards tätig. Bitterli hat sich ein Berufsleben lang an der Schnittstelle zwischen Privat- und Sozialversicherung bewegt. Er kommt ursprünglich von der Privatversicherungsseite (Winterthur) und hat dann bei der Sanitas als Geschäftsleitungsmitglied, als CEO und 1 Jahr als VRP gearbeitet.
Klar spricht man nicht gerne darüber, aber ein realistischer Blick ist insbesondere für die Start-ups dringend zu empfehlen. Start-ups leben von permanenter Investition in die Zukunft. Das ist ihr Treiber.
Wenn aber kaum mehr Investorinnen und Investoren vorhanden sind, dann wird es schwierig. Grosse Unternehmen wie die Migros oder die Mobiliar scheinen konsequent mit der Vergangenheit aufzuräumen und trennen sich von den getätigten Investitionen. Das kann die Start-ups sehr hart treffen.
Sucht man neue Investoren, dann wird es erst recht schwierig: Viele werden sagen, dass sie nicht noch zusätzlich Geld in neue Unternehmen stecken könnten. Das Weiterführen der Investitionen in die bestehenden Start-ups geniesse Vorrang.
Gibt es die alte unternehmerische Regel nicht mehr, dass Investitionen zur Unzeit die besten sind?
Doch, an sich schon. Denn jetzt sind viele Innovationen wesentlich günstiger zu erwerben als noch vor Kurzem. Und auch Geld (Liquidität) ist im Markt nach wie vor vorhanden. Doch lassen sich solche unternehmerisch denkenden und handelnden Personen sowie Unternehmen finden?
Bei vielen Unternehmen stehen schliesslich Governance (Führung) und Vorsicht im Vordergrund. Da wird es schwierig. Und die privaten unternehmerisch handelnden Personen sind zurückhaltender und kritischer geworden.
Grundsätzlich gilt wohl dasselbe wie bei den Unternehmen: Fokus. Man sollte das Geschäftsmodell schärfen und sich auf das konzentrieren, was möglichst schnell Umsatz, Mehrwert und Glaubwürdigkeit bei den Geldgebern bringt.
Man sollte die Experimentiertätigkeit nicht ganz ausschalten, aber nicht ausschweifend ausleben. Und: Der Beweis, dass die Geschäftsidee effektiv rasch Umsatz generieren kann, ist kurzfristig zu erbringen.
Ideen, die sich zwar gut anhören, aber sich in absehbarer Zeit nicht monetarisieren lassen, sind aktuell schwierig zu realisieren. Es gilt, sich lieber früher als zu spät davon zu trennen!
Auch für unser Start-up Helvetic Care endet ein Jahr in diesem anspruchsvollen Umfeld. Trotzdem konnten wir 2023 erneut wachsen und haben ein wichtiges Etappenziel erreicht: Monatlich besuchen unsere Plattform für ein selbstbestimmtes Leben im Alter nun 50‘000 Menschen. An dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die unsere Publikationen lesen und sich für uns interessieren.
Mehr zum Thema Digitalisierung im Alter
Ein grosses Dankeschön geht auch an unsere Partnerinnen und Partner für die professionelle und verständnisvolle Zusammenarbeit. Sie machen es möglich, dass wir unsere Leserinnen und Leser mit spannenden Inhalten beliefern können. Und ja, manchmal braucht es etwas Zeit, bis der richtige Dreh gefunden ist.
2024 möchten wir unsere Partnerbeziehungen stärken und ausbauen. Es geht darum, noch mehr zu interagieren und letztlich ihr Business zu unterstützen. Deshalb haben wir auch neue Stellen im Partnermanagement und E-Sales geschaffen. Das ist ein mutiger Schritt, der uns voranbringt, aber uns auch zum weiteren Wachstum und zum Einnahmen generieren zwingt.
Wie oben erwähnt, in einer Zeit, in der alle den Gürtel etwas enger schnallen. Für uns bedeutet dies, aus einer kleinen Organisation noch mehr herauszuholen und uns ständig weiterzuentwickeln. Das belastet Team und Zusammenarbeit in der Tendenz stärker. Umso wichtiger ist, dass eine Identifikation mit der eignen Aufgabe und dem Team vorhanden ist. Herzlich danke ich allen, die mit ihrer Arbeit wesentlich zur Weiterentwicklung der Helvetic Care AG beitragen, sich einbringen und täglich noch etwas schneller rennen.
Mein letztes Dankeschön geht auch an unsere Investoren und die Kollegen im Verwaltungsrat für die Zusammenarbeit und das Vertrauen. 2024 werden wir unsere Reise konsequent und wachsam fortsetzen.
Wir bei Helvetic Care wünschen uns, wie wohl viele Menschen, dass sich die Welt wieder in ruhigeren Bahnen entwickeln kann und mehr Frieden einkehrt. Auch möchten wir, dass sich die Wirtschaft erholt und die Menschen wieder mehr Perspektiven finden und unbesorgter leben können.
Den Start-ups (und damit auch uns selbst) wünschen wir Kraft, sich trotz des wirtschaftlichen Drucks erfolgreich weiterentwickeln zu können. Bleiben Sie wachsam und gehen Sie mit geschärften Sinnen in die Zukunft.
Happy 2024!
Tags
Arbeitswelt