Beni Thurnheer: «Wir haben eine der besten Nati aller Zeiten»

Sportreporter-Legende Beni Thurnheer ist fit wie ein Thurnschuh und hat in letzter Zeit 10 Kilo Corona-Speck verloren. Nun kann er es kaum erwarten, dass am Freitag endlich die Fussball-Europameisterschaft losgeht. Seine Tipps erfahren Sie im Interview.

Beni Thurnheer: «Wir haben eine der besten Nati aller Zeiten»
Ricardo Tarli

Bernard Thurnheer, die Fussball-Europameisterschaft steht vor der Tür. Sind Sie schon im EM-Fieber?
Bernard Thurnheer: Und wie! Wir haben eine supergute Nati, eine der besten aller Zeiten. Viele Nationalspieler stehen in den europäischen Top-Clubs unter Vertrag und können einen Match entscheiden.

Hat sich die Bedeutung der Fussball-Nati in den letzten Jahren eigentlich gewandelt?
Nein, sie sorgt seit Jahrzehnten für Gesprächsstoff und für Emotionen, in jüngster Zeit leider auch für negative. Ich bekomme oft zu hören, das seien doch gar keine richtigen Schweizer, weil sie die Nationalhymne nicht mitsingen. Das taten sie aber auch nie – auch als sie noch Egli, Müller oder Sutter hiessen.

Apropos Sport: Wie halten Sie sich körperlich fit?
Ich fahre mehrmals in der Woche eine Stunde auf dem Mountainbike.

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Dann sind Sie ja fit wie ein Turnschuh.
Ja, ich fühle mich sehr gut. Seit Januar habe ich mit der Friss die Hälfte Diät 10 Kilogramm Corona-Speck abgenommen. Letztes Jahr brachte ich noch stolze 90 Kilogramm auf die Waage. Für meine Körpergrösse von 1.74 waren das eindeutig zu viele Pfunde.

Seit sechs Jahren sind Sie im Ruhestand. Damit Sie nicht in ein Loch fallen, haben Sie sich gründlich auf die Pensionierung vorbereitet. Wie genau?
Man muss einfach schon vor dem Stichtag wissen: Was mache ich am ersten Tag meines Renterdaseins? Wie will ich mein Leben als Pensionär leben? Man kann die freie Zeit mit Reisen oder mit einem anderen Hobby füllen. Aber das funktioniert nur vorübergehend.

Wie sah Ihr Plan aus?
Es war ein gleitender Übergang in den Ruhestand. Ich habe mein Pensum schrittweise reduziert. So musste ich nicht von 100 auf 0 runterschalten.

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Sie arbeiten noch immer viel, schreiben Bücher, geben Interviews und kommentieren die Länderspiele der Liechtensteiner Nationalmannschaft. Sind Sie ein Workaholic?
Scho es bitzli. Mis Hirni bruucht laufend Fuetter. Im Prinzip ist es ein Kampf gegen die Langeweile. Ich muss mich kreativ betätigen können, um nicht in ein Loch zu fallen. Ohne Kreativität könnte ich nicht leben.

Sie stehen seit vierzig Jahren in der Öffentlichkeit, geniessen noch immer grosse Popularität. Bleibt man als erfolgreicher TV-Mann ein Leben lang abhängig vom Zuspruch des Publikums
Nein, nein. Ich bin halt ein extrovertierter Typ und erzähle der Welt gerne, was ich so denke (lacht). Ich vergleiche mich mit einem Politiker, der die Welt ein bisschen besser machen will. Das nennt man wohl einen Weltverbesserer mit Sendungsbewusstsein. Die Rückmeldungen auf meine Arbeit und die daraus entstehenden Gespräche sind intellektuell befruchtend.

Die mediale Aufmerksamkeit gibt Ihnen schon auch Bestätigung, oder?
Braucht das nicht jeder Mensch? Also berühmt zu werden, ist bestimmt nicht meine Triebfeder …

… noch berühmter als Sie ist eigentlich nur der Papst ….
und ich habe weder eine eigene Homepage noch bin ich in den sozialen Medien präsent.

Als Sportreporter und Showmaster wird man ja immer ein bisschen belächelt, weil es nicht um die grosse Weltpolitik geht. Sie haben Jura studiert und sind sehr belesen. Hat man Sie oft unterschätzt?
Ich hatte eigentlich nie den Eindruck, dass man mich unterschätzt. Ich habe mich nicht als Intellektueller gesehen, im Gegenteil. In meiner Arbeit war es mir stets wichtig, Phrasendrescherei zu vermeiden. Der Dünkel mancher Journalisten stört mich bis heute. Über komplizierte Dinge kompliziert zu berichten, kann jeder. Sie so rüberzubringen, damit jeder druus chunnt und sich gleichzeitig unterhalten fühlt, das ist doch die Kunst!

Sie haben ein neues Buchprojekt am Start. Worum geht es?
Um Philosophie im Boulevardstil. Eigentlich ist es eine Parodie auf den Boulevardjournalismus. Ich interviewe in fiktiven Gesprächen die grossen Philosophen der Weltgeschichte, wie Aristoteles, Marx oder Sartre. Dabei schlüpfe ich in die Rolle des Boulevardjournalisten: Herr Nietzsche, sind Sie ein Nazi? Herr Plato, Liebe ohne Sex, was soll das? Herr Darwin, sind Ihre Eltern Affen?

Im Schnitt lesen Sie pro Woche ein Buch. Welche Lektüre liegt aktuell auf Ihrem Nachttisch?
«
Die Kinder hören Pink Floyd». Der Roman spielt in Westdeutschland der Siebzigerjahre, also in der Zeit, in der ich ein junger Mann war. Es geht um Musik und um das Erwachsenwerden. Das Buch ist für mich wie ein Déjà-vu, es kommen viele Erinnerungen hoch. Eigentlich bin ich ein totaler Donna Leon-Fan und Kommissar Brunetti-Fan.

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Was geniessen Sie am Ruhestand am meisten?
Ich kann eis nach em andere machen. Mein Terminplan ist nicht mehr so voll wie früher, und ich muss nicht mehr um 6 Uhr aufstehen. Das isch scho no schön! Ich kann viel mit dem Velo go spörtle und habe mehr Zeit für Treffen mit ehemaligen Arbeitskollegen oder mit Freunden. Im Sommer gehe ich gerne im Zürichsee schwimmen.

Auch verbringe ich gerne viel Zeit mit den vier Enkeln meiner Frau. Meine Frau hat aus erster Ehe zwei Töchter und einen Sohn. Deren Kinder, alles Buben, sind zwischen zwei und sieben Jahre alt. Wenn ich sie besuchen gehe, stürmt oft einer sofort auf mich zu. Dann heisst es den ganzen Tag nur noch Beni da, Beni hier. Wir tschüttele im Garten oder schauen Büechli an. Das geniesse ich schon sehr.

Über Beni Thurnheer

Er gilt als Sportreporter-Legende: Vierzig Jahre lang prägte Bernard «Beni» Thurnheer (71) [*11. Juli 1949] die Sportberichterstattung des Schweizer Fernsehens wie kaum ein anderer. Er moderierte die wichtigsten Sportsendungen wie «Sportpanorama» und «Sport aktuell». Als Radio- und Fernsehkommentator nahm er an zehn Fussball-WM-Endrunden teil, um vor Ort die Spiele live zu kommentieren. Parallel zu seiner Tätigkeit als Sportreporter und Moderator verfolgte er eine Karriere als Showmaster («Tell-Star», «Benissimo»). Er ist Autor mehrerer Bücher. Zuletzt erschien von ihm 2019 «In 80 Stationen um die Welt. Mein ganz persönlicher Reiseführer». (tar)

Wie kommen Sie mit der Schnelllebigkeit unserer Zeit und der Digitalisierung zurecht?
Mir macht das ganze schon etwas Mühe. Ständig muss ich mir überlegen, ist das jetzt nur ein Modegag oder etwas, was ich einfach noch lernen muss, um nicht abseits zu stehen. Mails lese ich nur auf dem Computer, nicht auf dem Handy. Ich kaufe mein Bahnbillett noch immer am Automaten statt elektronisch per Smartphone. Ich weiss, dass ich mich früher oder später umgewöhnen muss. Aber ich chume eifach nümme druus mit dem Züüg, aber viellicht will ich das irgendwie au gar nöd (lacht).

Denken Sie an Themen wie Vorsorge und Pflegebedürftigkeit?
Ja, vor zwei Jahren ist meine betagte Mutter gestorben. Sie lebte im Heim und wurde immer unselbständiger und verwirrter.

Haben Sie eine Vorstellung darüber, wie ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben aussehen sollte, falls Sie einmal pflegebedürftig werden sollten?
Eine schwierige Frage. Wenn ich mir vorstelle, ich könnte dement werden, dann wird mir schon ein bisschen bang. In jedem Fall hoffe ich, so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben zu können, falls nötig mit Unterstützung der Spitex und von jemandem, der für mich Besorgungen macht. Zum Glück verfüge ich über die finanziellen Mittel, um das Älterwerden so angenehm wie möglich zu gestalten. Finanziell könnte ich mir eine private Pflegekraft, die mich zu Hause pflegt, problemlos leisten. Ein Heim am See wäre aber auch schön. Aber wie so vieles im Leben ist auch das nicht planbar. Da bruucht es halt e chli Gottvertroue.

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Mit 69 Jahren haben Sie zum zweiten Mal geheiratet. Sie und Ihre Frau haben getrennte Wohnsitze. Ist Eigenständigkeit im Alter für Sie fast wichtiger als traute Zweisamkeit?
Eigentlich nicht. Mit siebzig hat man halt schon tiefe Wurzeln geschlagen. Wir wären nicht glücklich geworden, wenn wir zusammengezogen wären. Meine Frau wohnt im Rheintal und möchte in der Nähe ihrer Enkel bleiben. Für mich ist die Nähe zum SRF wichtig, weil ich dort immer wieder zu tun habe. Hier in der Region Winterthur sind auch meine Freunde und Bekannte. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir in unseren Häusern wohnen bleiben und uns gegenseitig besuchen, so oft es geht.

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Was macht eine gute Partnerschaft im Alter aus?
Grundlage für jede gute Partnerschaft ist die gleiche Wellenlänge, dass man dieselben Dinge gut findet oder gerne macht. Die Mödeli des Partners muss man akzeptieren oder aushalten können. Da muss man schon tolerant sein. Im Alter sind gewisse Dinge so eingefahren, da kann man nicht mehr viel korrigieren (lacht).

Zum Beispiel?
Es sind ja nur Kleinigkeiten. Meine Frau hat klare Vorstellungen darüber, wie es in einem Haushalt auszusehen hat, zum Beispiel was offene Fenster betrifft oder die Ordnung abends im Garten. Aber wir achten schon darauf, dass wir uns nicht gegenseitig zurechtweisen. Jeder lässt den andern leben, wie er ist, mit all seinen Macken. Alles andere bringt doch nüüt und führt nur zu Streit. Meistens hat sie ja auch recht …

Zum Schluss Ihr Tipp: Welche Mannschaft wird Fussball-Europameister?
Belgien oder Kroatien – oder die Schweiz!