Wie lautet der Türcode? Um welche Zeit treffe ich die Freundin zum Kaffeetrinken? Und welche Lebensmittel wollte ich einkaufen? Im Alltag müssen wir uns vieles merken. Vielleicht haben Sie schon festgestellt, dass dies mit zunehmendem Alter schwieriger wird. Hier hilft Gedächtnistraining – auch Gehirnjogging genannt.
Denn das Gehirn ist wie ein Muskel, der durch regelmässiges Training leistungsfähiger wird. Wird es unterfordert, baut es mit der Zeit ab.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um die Gehirnleistung anzukurbeln. Und sie machen auch noch Spass und bringen Abwechslung in den Alltag. In diesem Ratgeber erfahren Sie viel über die Hintergründe des Gedächtnistrainings für Seniorinnen und Senioren. Zudem stellen wir kurzweilige Spiele, Übungen, Rätsel und Tätigkeiten vor, die sie allein oder in der Gruppe durchführen können.
Das Gedächtnis verschlechtert sich nicht nur, wenn es nicht gebraucht wird. Auch Schlafmangel, Stress, ungesunde Ernährung, Alkohol und Bewegungsarmut haben negative Auswirkungen. Ein gesunder und entspannter Lebensstil lohnt sich also.
Achten Sie auf genügend Erholung, treiben Sie Sport und essen Sie mediterran. Das bedeutet viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Olivenöl, Nüsse, Fisch und etwas Fleisch. Trinken Sie auch genügend Wasser oder ungesüssten Tee. Gesättigte Fettsäuren aus Fleisch oder Milchprodukten sowie Zucker sollten Sie hingegen eher sparsam konsumieren.
Beim Gedächtnistraining erlernen Seniorinnen* und Senioren Strategien, Methoden und Übungen, die die Gehirnleistung steigern oder mindestens erhalten sollen. Ziel ist es zum einen das Erinnerungsvermögen zu fördern und sich Dinge leichter merken zu können. Damit verbunden ist auch die sprachliche Artikulation.
Zum anderen sollen kognitive Fähigkeiten verbessert werden, um den Alltag gut zu meistern. Dazu gehören Aufmerksamkeit, Kreativität, Orientierung, Wahrnehmungsfähigkeit, Konzentration oder Denkflexibilität. Ebenfalls schult Gedächtnistraining das Erkennen von Zusammenhängen, die Fähigkeit geistige Inhalte zu strukturieren, die Urteilsfähigkeit und das assoziative Denken – es können also bereits bekannte Informationen besser mit neuen Eindrücken verglichen und verknüpft werden.
Die Übungen lassen sich einfach in den Alltag integrieren – Bewegung ist dabei ebenfalls ein fester Bestandteil. Deshalb nennt sich dies auch ganzheitliches Gedächtnistraining, bei dem Körper, Geist und Seele integriert werden. Dies trägt zum geistigen und körperlichen Wohlbefinden bei. Gedächtnistraining für Senioren kann zudem das Demenzrisiko reduzieren und das Selbstbewusstsein stärken.
Übrigens: Nicht nur Senioren profitieren vom Gedächtnistraining. Auch Kinder, Studierende und Berufsleute können dadurch ihre Leistungen erheblich verbessern. Das Gehirn entwickelt und reift etwa bis im Alter von 25 Jahren. Danach beginnt der langsame Abbau. Ab 50 treten gemäss Forschern erst die ersten Alterungseffekte auf.
Ein fester Bestandteil der Behandlung ist Gehirnjogging bei neurologischen Krankheiten wie Schlaganfall oder Demenz. Bei Schlaganfallpatienten können durch Training verloren gegangene Hirnfunktionen gar wieder hergestellt werden.
Auch gibt es bestimmte Übungen, um Menschen mit Demenz zu aktivieren. Diese können den kognitiven Abbau verzögern und die vorhandenen Kompetenzen stärken.
Wichtig: Die Aktivitäten oder Übungen sollten Demenzbetroffene nicht überfordern oder stressen. Regelmässige Einheiten von circa zehn Minuten reichen je nach Stadium der Krankheit aus. Fokussieren Sie sich dabei auf Themen, zu denen Ihr Angehöriger einen emotionalen Bezug hat und Erfolge erlebt. Einige Beispiele:
Ob Logikrätsel, Memory spielen, Musizieren oder eine Fremdsprache lernen: Es gibt unzählige Wege, um das Gedächtnis zu trainieren. Auch im Internet oder auf speziellen Smartphone-Apps finden Sie Übungen.
Wichtig ist, dass das Training Freude bereitet und sich gut in den Alltag integrieren lässt. Auch Bewegung wirkt dem geistigen Abbau entgegen. So werden etwa beim Tanzen oder Yoga die Gehirnzellen aktiviert.
Nachfolgend einige Faktoren für ein erfolgreiches Gedächtnistraining für Senioren:
Regelmässigkeit: Wie etwa beim Muskelaufbau, gilt auch beim Gedächtnistraining: Es sollte mehrmals pro Woche und über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden, bis man Effekte spürt. Die Einheiten müssen nicht lange sein. Nehmen Sie sich etwa dreimal pro Woche 20 Minuten Zeit.
Abwechslung: Das Gedächtnis wird nicht nachhaltig trainiert, wenn Sie nur immerzu Kreuzworträtsel lösen. Ähnlich wie beim Sport ist das Gedächtnistraining besonders effektiv, wenn Sie Ihr Gehirn auf unterschiedliche Art und Weise fordern.
Level: Beim Gedächtnistraining sollten Sie sich weder über- noch unterfordern. Passen Sie die Übungen Ihrem aktuellen Level an und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad, wenn diese zu einfach werden. Gehen Sie ruhig an Ihre Leistungsgrenzen und verlassen Sie Ihre Komfortzone, um das Gedächtnis in Schwung zu halten.
Motivation: Das Training sollte kein lästiges Übel sein oder zu Stress führen. Wichtig ist, dass Sie Spass haben. Auch zählt das aktive Bemühen und nicht die effektive Leistung.
Gemeinsam: Besonders viel Spass macht das Gedächtnistraining in der Gruppe. Durch die Sozialkontakte wird das Gehirn gefordert, was uns geistig fit hält. Ebenso hilft dies, um Einsamkeitsgefühle zu bekämpfen, welche sich schlecht auf die Gesundheit auswirken. Gedächtnistraining wird unter anderem in Seniorengruppen oder in Altersheimen angeboten.
Bewegung: Die Gedächtnisübungen sind besonders effektiv, wenn in diese regelmässige Bewegung eingebaut wird. Integrieren Sie etwa in das Knobelspiel körperliche Aktivität oder Gleichgewichtsübungen. Auch beim sogenannten ganzheitlichen Gedächtnistraining werden Körper und Geist involviert.
Im Internet finden Sie zahlreiche kostenlose Übungen, die das Gedächtnis trainieren. Diese gibt es auch zum Ausdrucken als PDF sowie als App auf dem Smartphone oder Tablet. Wer lieber Bücher oder Magazine mag, findet auch dort viel Material.
In den nächsten Zeilen stellen wir einige besonders beliebte Übungen vor.
Ihnen fällt es schwer, Zahlen zu merken? Dann bauen Sie sich Eselsbrücken, indem Sie jede Zahl mit einem bestimmten Bild versehen. Zum Beispiel: 1 = Lampe, 2 = Zwilling, 3 = Dreirad. Nun verbinden Sie diese Bilder mit einer Geschichte, um sich besser an die Reihenfolge zu erinnern. Das funktioniert besonders gut, wenn die Geschichte möglichst abstrus ist.
Studien haben gezeigt, dass bei Bewegungen mit den Händen und den Fingern, die das Denken einschliessen, das Gehirn auf Hochtouren arbeitet. Sobald die Bewegungen beherrscht werden und man nicht mehr viel überlegen muss, flacht der Effekt ab. Es ist darum wichtig, dass wir immer wieder neue Reize setzen, damit unser Hirn aktiv bleibt.
Bilden Sie mit der linken Hand aus Daumen und Zeigefinger ein L. Die restlichen Finger sind gestreckt.
Bilden Sie mit der rechten Hand ebenfalls mit Daumen und Zeigefinger ein O, die restlichen Finger bleiben ebenfalls gestreckt.
Nun wechseln Sie rechts zum L und links zum O, möglichst gleichzeitig und immer schneller.
Schwieriger wird diese sogenannte LO-Übung, wenn Sie bei der L-Hand die restlichen Finger beugen und erst beim O wieder strecken.
Der Daumen tippt der Reihe nach alle Finger an – hin und zurück. Dies können Sie synchron mit beiden Händen machen. Schwieriger wird es, wenn Sie es mit beiden Händen asynchron machen. Erhöhen Sie das Tempo.
Halten Sie die Finger geschlossen.
Nun starten Sie mit den kleinen Fingern und spreizen Sie ab und wieder zusammen.
Dann das Gleiche mit dem kleinen Finger und dem Ringfinger usw.
Wenn Sie es geschafft haben, können Sie als Variante an der linken Hand mit dem Daumen starten und an der rechten mit dem kleinen Finger. Finden Sie weitere Varianten heraus.
Nummerieren Sie die Finger der Reihe nach durch – von 1 bis 10.
Nun sagen Sie sich Zahlenkombinationen und versuchen, die entsprechenden Finger schnellstmöglich zusammenzuführen.
Diese Übung können Sie auch gut mit einer Drittperson machen, indem Sie einander Zahlenkombinationen sagen.
Dieses Koordinationsspiel funktioniert besonders gut mit einem Partner. Zunächst lesen Sie ihm die Anweisungen zu folgenden Buchstaben vor.
A: Die rechte Hand berührt das linke Knie.
B: Die rechte Hand berührt die linke Schulter.
C: Die linke Hand berührt das rechte Knie.
D: Die linke Hand berührt die rechte Schulter.
Nun lesen Sie Ihrem Partner die Buchstaben vor. Zum Beispiel «DD BB CCC A D». Dieser macht die beschriebenen Bewegungen zu den passenden Buchstaben. Wichtig: Es ist normal, dass das Spiel am Anfang etwas holprig verläuft. Doch mit der Zeit wird dies viel besser.
Es gibt viele weitere Möglichkeiten, um die Hand-Gehirn-Verbindung zu aktivieren. Hierzu gehören zum Beispiel Legos – die nicht nur für Kinder herausfordernd sein können – oder verschiedenste Geduld- und Bauspiele. Sie können zum Beispiel auch einmal versuchen, einen kleinen Ball mit nur einer Hand rund um Ihre Finger zu führen, vom Daumen vorn am Zeigefinger vorbei, dann hinter dem Mittelfinger durch …
Oder machen Sie das berühmte Kartenfangen: Legen Sie eine Spielkarte zur Hälfte auf den Tisch, zur anderen Hälfte über den Tischrand hinaus. Nun schlagen Sie mit der Handrückseite von unten an die Karte und versuchen Sie sie mit der gleichen Hand zu fangen. Einfacher ist es, zu Beginn die andere Hand fürs Fangen zu Hilfe zu nehmen.
Sind Sie Rechtshänder? Dann versuchen Sie mal alltägliche Bewegungen mit links auszuführen. Oder bringen Sie Ihr Gehirn in Schwung, indem Sie einige Schritte rückwärtslaufen.
Wollten Sie schon immer Japanisch, Griechisch oder Italienisch lernen? Warum nicht heute damit starten? Jeden Tag zehn Wörter und ein bisschen Grammatik. Damit sind Sie gerüstet für den nächsten Auslandsaufenthalt.
Auch Musizieren fördert die Konzentration und die körperliche Konzentration. Es regt gar neue Nervenzellen im Gehirn an und senkt dadurch das Risiko für Demenz.
Bei kognitiven Tests schneiden Tänzer besser als Nichttänzer ab, da sie viele Hirnareale gleichzeitig beanspruchen. Denn beim Zusammenspiel von Sehen, Hören, Bewegen und Denken müssen beide Gehirnhälften zusammenarbeiten. Allgemein trainiert aber jede Bewegung das Gedächtnis.
Kochen ist weit mehr als die reine Nahrungszubereitung. Es erfordert auch viele geistige Fertigkeiten und unterschiedliche Sinne werden angeregt. So müssen Zubereitungszeiten eingehalten und miteinander koordiniert und viele Arbeitsschritte gleichzeitig erledigt werden. Je mehr Gänge ein Menü hat, desto mehr wird das Gedächtnis trainiert.
Ähnliche Auswirkungen haben Tätigkeiten mit den Händen wie Gärtnern, Malen oder Handwerken. Denn wer Gedächtnisinhalte mit emotionalen Sinneswahrnehmungen wie Gerüche, Berührungen oder Tasten verknüpft, erinnert sich besser.
Sie wollten schon immer nähen, eine Internetseite gestalten oder künstlerisch tätig sein? Dann fangen Sie am besten schon heute damit an, schliesslich haben Sie nach der Pensionierung mehr Zeit für neue Hobbys. Denn es werden bis ins hohe Alter Synapsen gefestigt und neue gebildet, sobald wir etwas Unbekanntes und Schwieriges lernen. Positive Auswirkungen auf das Gedächtnis haben auch das Reisen in unbekannte Regionen oder ein Ehrenamt. Mehr Ideen für den Ruhestand erhalten Sie auch unter diesem Link.
Wir hoffen, dass wir Ihnen in diesem Ratgeber die vielen positiven Effekte des Gedächtnistrainings nähergebracht haben. Denn wer sich geistig und körperlich fit hält, bringt mehr Freude in seinen Alltag.
Das Schöne ist, dass es unzählige Wege gibt, um das Gehirn in Schwung zu halten. Nicht nur spezielle Übungen oder Rätsel haben positive Effekte, sondern auch Tätigkeiten wie Kochen, Tanzen oder Musizieren.
Besonders erfolgreich ist das Gedächtnistraining, wenn es regelmässig durchgeführt und abwechslungsreich gestaltet wird. Und es sollte Spass machen. Am besten, Sie hören nie auf zu lernen – bis ins hohe Alter.
*Aus Gründen der Lesbarkeit wurde in diesem Ratgeber vorwiegend die männliche Form verwendet.
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