Die alternde Gesellschaft ist eine Herausforderung für die Schweiz. Heute schon. Und in Zukunft wohl noch vermehrt. In den teils hitzigen Debatten über die Auswirkungen des demografischen Wandels ist zwischendurch von den sogenannten jungen Alten die Rede. Wer steckt hinter diesem Begriff? Was verbindet junge Alte und können sie mithelfen, die hiesige Wahrnehmung des Alters aufzufrischen?
Alte Menschen kosten nur und tragen nichts mehr zum Gemeinwohl bei. Ein Beispiel für die Stereotypen, die das Altersbild in der Schweiz prägen. Doch es ist auch ein Wandel im Gange. Und dieser kommt von den Alten selbst.
Eine gute Nachricht
Speziell von den jungen und eher jungen Alten, zu denen die Gerontologie Menschen zwischen 60 und 85 Jahren zählt. Die jungen Alten sehen sich nicht länger als eine Randgruppe, sondern beanspruchen einen Platz mitten in der Gesellschaft!
Und sie gelten als vital, gut ausgebildet und ebenso konsumfreudig wie kritisch. Eine gute Nachricht in einer Zeit, in der das Alter gerade in wirtschaftlich starken Ländern häufig in einem negativen Kontext gesehen wird.
Alterspolitik orientiert sich nur an den hilfsbedürftigen Menschen
So nehmen sich Politiker zwar heraus, bis ins hohe Alter Posten als Staatschefs, Minister oder Parlamentarier zu bekleiden, die eigene Alterspolitik orientiert sich indes oft einzig am Bild des hilfsbedürftigen, leistungsunfähigen Menschen.
Ist denn das Amt eines Politikers derart anspruchslos, dass es ohne Weiteres bis 75 oder 80 plus ausgeübt werden kann, während Menschen in der Arbeitswelt bereits ab 55 oder früher um ihre Jobs fürchten müssen?
Jungunternehmer im Alter? Kein Problem
Wer im Alter Hilfe braucht, soll sie auf unkomplizierte, menschenwürdige Weise erhalten. Dies scheint hierzulande gewährleistet. Neu soll aber auch vermehrt der gestiegenen Lebenserwartung Rechnung getragen werden.
Diese hat nämlich aus dem einst eher kurzen Rentenalter einen neuen Lebensabschnitt gemacht, der ungeahnte Freiheiten und Aufgaben beinhaltet. Die jungen Alten packen heute Dinge an, wie sie Gleichaltrige vor zwanzig Jahren nicht gewagt hätten. Etwa die Gründung eines Start-ups!
Gesundheitsökonom Heinz Locher war etwa bei der Lancierung der Firma Care at Home fast 80 Jahre alt. Zusammen mit seiner Partnerin Claudine Chiquet (51) will er die Betreuung von älteren Menschen revolutionieren. Und er ist bei Weitem nicht der einzige Jungunternehmer in der Schweiz im AHV-Alter.
Ein idealer Mix für erfolgreiche Projekte
Dass man für eine erfolgreiche Unternehmensgründung jung und smart sein sollte, ist nichts mehr als ein gut gepflegter Mythos! Offenheit und Flexibilität sind heute auch Eigenschaften vieler älterer Menschen. Ergänzt mit der unerschütterlichen Ausdauer und Verlässlichkeit, wie sie viele Best Agers zeigen, ist dies ein idealer Mix für erfolgreiche Projekte!
Die jungen Alten sind ein Gewinn für alle! Wenn wir sie denn lassen, bringen sie ihre Erfahrung und ihr Wissen und beispielsweise in der Freiwilligenarbeit, im Mentoring und auch beim Kampf gegen den Fachkräftemangel nutzbringend ein.
In der Politik spielen die jungen Alten kaum eine Rolle
Doch sind Gesellschaft, Politik und Wirtschaft bereit, das bisherige Altersbild abzustreifen? Wohl nur langsam. Wie auch das Beispiel der Altersbefragung 2023 der Stadt Zürich zeigt, die kurz nach meinem 65. Geburtstag in meinem Briefkasten liegt. Auf insgesamt 19 Seiten sollen Fragen rund um die Altersangebote der Stadt beantwortet werden.
Wer ein positives Selbstbild seines Alters hat und ein selbständiger Teil der Gesellschaft ist, steht einer klassischen Altersumfrage wie dieser gänzlich ratlos gegenüber. Wie sollen jetzt Fragen zu Hilfsangeboten beantwortet werden, von denen man bislang keines nutzte?
Es braucht wohl einiges an Zeit, bis der Wandel, den viele ältere Menschen als Selbstverständlichkeit leben, auch in den Institutionen umgesetzt wird. Aber Zeit bringen wir ja mit. Und Energie auch.